Die Eltern von Sadoko.    
Kasuka City, Fukuoka, Japan, 14. Oktober 1984.

Fujioka Saski, neben ihrem Mann Shigeo, hält ein Portrait, dass ihrere Tochter Sadako im Jahre von 12 Jahren zeigt. Sadako und ihre Mutter waren in Hiroshima, als die Atombombe explodierte. Sadako war damals zwei Jahre alt. Die Inschrift unter dem Foto lautet: Sadako Sasaki, Erste Klasse der Nobori-machi-Oberschule, Subakute lympathische Leukämie, gestorben 25. Oktober 1955.

 

Herr Shigeo Sasaki, Frau Fujiko Sasaki und Masahiro Sasaki -
Kasuga, Präfektur Fukuoka, Japan, 13. Oktober 1984

   Am 6. August 1945, dem Tag, als die Atombombe über Hiroshima explodierte, hielten sich Frau Sasaki und ihre beiden Kinder Sadako, 2, und Masahiro, 4, in Hiroshima auf. Herr Sasaki war im Rahmen seines Militärdienstes ausserhalb der Stadt unterwegs.

   Frau Sasaki, können Sie mir sagen, was an dem Morgen geschah, als die Atombombe, fiel?

   Frau Sasaki: Wir wohnten in der Kusunogi-Strasse, etwas mehr als einen Kilometer vom Hypozentrum entfernt. Die Luftschutzsirenen hatten gerade Entwarnung gegeben. Ich machte das Frühstück für meine Kinder, da rief mir meine Nachbarin zu:
    »Schauen Sie mal da rauf!«
Ich ging nach draussen und sah etwas herunterkommen, das wie ein grosser silbriger Ballon aussah.

   Schwebte es nieder?

   Frau Sasaki: Nein, es war ein Gegenstand - es war rund, kreisrund - und es fiel herunter.

   Wofür hielten sie es?

    Frau Sasaki: Ich dachte nur >Ach wie hübsch< und ging wieder hinein zu Masahiro und Sadako, die noch beim Frühstück sassen Dann gab es, beinahe gleichzeitig, einen gewaltigen Knall und einen grellen Blitz. Ich war bereits im Haus, so dass mich der Blitz nicht traf, aber die Menschen, die er traf, wurden verbrannt. Das Haus stürzte ein. Sadako wurde auf den Hof geschleudert, und ich konnte sie rufen hören:
    »Okachan!« (Mammi),
aber ich konnte sie nicht sehen, weil die Hauswand eingestürzt war und überall Staub war.

   Aber sie rief »Ich bin hier! Ich bin hier!«
und ich fand sie und hob sie auf und drückte sie an mich.
    Dann fand ich Masahiro unter einigen Tatami-Matten. Wir hatten alle überlebt! Ich sagte mir, dass wir das Haus lieber verlassen sollten.

   Die Fabrik hinter unserem Haus stand schon in Flammen. Ich dachte, dass der Fluss der einzig sichere Ort war, wo ich mit meinen Kindern hingehen konnte. Also kletterten wir aus unserem eingestürzten Heim und gingen hinunter zum FIuss.

    Was sahen Sie, als Sie zum Fluss kamen?

    Frau Sasaki: Da lag ein altes Boot, und jemand sagte mir, ich solle einsteigen.
    »Sasaki-san, bitte steigen Sie ein!« riefen sie, denn ich hatte zwei Kinder dabei, und sie wussten, dass mein Mann in der Armee war. Also stieg ich ein, und wir stakten das Boot, aber wir mussten sehr langsam tun, weil es in schlechtem Zustand war. Es gelang uns, bis zur Flussmitte zu kommen, und dort warfen wir Anker und warteten.

   Wieviele waren in dem Boot?

   Frau Sasaki: Es waren noch zehn andere ausser mir und den Kindern, und von beiden Flussufern schlugen Flammen und flogen Funken herüber, fast bis zur Mitte des Flusses. Es wurde so heiss, dass ich Wasser schöpfen und mich und die Kinder damit übergiessen musste.

Oben am Himmel kreisten ein oder zwei amerikanische Flugzeuge. Da fiel dann der schwarze Regen. Ich dachte, es wäre Öl, das die Flugzeuge abwarfen. Wir wurden davon ganz durchtränkt. Ich konnte es aus den Schlafanzügen meiner Kinder nicht mehr auswaschen.

   Kamen zu diesem Zeitpunkt Leute zum Fluss?

   Frau Sasaki: Ja, es wurde eine grosse Menschenmenge. Von beiden Ufern riefen sie
   »Bitte helft uns.«
Aber wir halfen ihnen nicht. Wir dachten, wir würden sterben, wenn wir das Boot von der Stelle bewegen.
Also taten wir, als würden wir ihre Stimmen nicht hören.

   Masahiro, Sie waren damals vier Jahre alt. Erinnern Sie sich noch an etwas von diesem Tag?

   Masahiro: Ich erinnere mich noch an das Boot. Es hatte ein grosses Loch. Ich sass direkt neben dem Loch. Wasser drang herein. Ich sah zu, wie das Wasser eindrang. Das ist mir vor allem in Erinnerung geblieben.

   Erinnern Sie sich an das Feuer?

    Masahiro: Ja, ich erinnere mich an das Feuer und den schwarzen Regen. Aber hauptsächlich erinnere ich mich, dass ich einfach Angst hatte.

   Herr Sasaki, wann kamen Sie nach Hiroshima zurück?

   Herr Sasaki: Ich kam am nächsten Tag per Lastwagen nach Hiroshima. Mein Befehl lautete, den Menschen zu helfen, denen noch zu helfen war.

Überall sah ich schwarz verkohlte Leichen. Leichen lagen herum wie Müll. Manchmal erlebte ich eine Überraschung - ein Arm oder ein Bein sah aus wie ein verkohltes Stück Holz, aber dann bewegte es sich noch.

   Wir konnten solchen Menschen nicht helfen. Andere liefen vollkommen nackt herum und hatten steifes Haar, als wäre es gekocht worden. Ich konnte nicht unterscheiden, ob es Männer oder Frauen waren. Unsere Aufgabe war, nicht den Schwerverletzten zu helfen, sondern denen, die noch über eine Leiter auf den Lastwagen klettern konnten. Ich machte am 7. August eine Bergungsfahrt mit dem Lastwagen. Vier oder fünf Tage später kam ich nach Hiroshima zurück und half dabei, einige der Menschen vom Flussufer zum Bahnhof zu transportieren.

   Hatten die Leute am Flussufer während dieser vier oder fünf Tage etwas zu essen bekommen?

   Herr Sasaki: Es gab nichts zu essen. Alles, was sie wollten, war Wasser. Aber wenn man ihnen Wasser gegeben hätte, wären sie gestorben. Und viele von ihnen hatten Hirnhautentzündung. Sie waren völlig von Sinnen. Ihre Hirnfunktionen waren gestört, sie urinierten und kackten. Es war entsetzlich. Ich sah auch eine Menge Würmer in ihren Ohren und an den Armen. Wir nahmen nur Menschen mit, die noch bis zum Bahnsteig gehen und in den Zug einsteigen konnten.

   Vielleicht könnten wir, jetzt einen zeitlieben Sprung machen und von Sadako sprechen. Zehn Jahre nach der Bombe besuchte sie die sechste Klasse der Nobori-machi-Schule in Hiroshima, ist das richtig?

Herr Sasaki: Ja. Das war die Zeit, als sie krank wurde. Ich hörte, dass sie einen Spitznamen hatte: Saru (Äffchen).

   Warum wurde sie >Äffchen< genannt?

   Frau Sasaki: Ich weiss nicht recht, aber sie war sehr flink und geschickt. Masahiro: Sie verstand auch viel Spass. Und sie war sehr gescheit. Alle mochten sie.

   Herr Sasaki: Einen Monat vor ihrem zwölften Geburtstag, Anfang Dezember, bekam sie eine Schwellung am Hals, unter dem Ohr. Ich dachte, es käme von einer Erkältung. Im Januar ging ich mit ihr zum Arzt. Der Arzt sagte, es könnte Tuberkulose sein.

   Dann ging ich mit ihr zu einem anderen Arzt, einem Kinderarzt, und der sagte, etwas sei sehr eigenartig bei ihr, und ich solle noch einmal vorbeikommen. Sadako ging weiter zur Schule. Als ich den Arzt wieder aufsuchte, schien er mir etwas zu verbergen.

Ich sagte: »Sagen Sie mir die Wahrheit.« Er sagte mir, sie hätte noch drei Monate zu leben, oder höchstens noch ein Jahr. Er sagte, sie hätte Leukämie. Das war das erste Mal, dass ich das Wort »Leukämie« hörte.

   Haben Sie es Sadako gesagt?

    Herr Sasaki: Ich sagte ihr nichts von Leukämie, denn bis auf die Schwellung wirkte sie ganz gesund.

   Wann wurde Ihnen klar, dass ihre Krankheit mit der Atombombe zusammenhing?

   Herr Sasaki: Sofort. Der Arzt sagte, sie hätte Leukämie, und er sagte zu mir:
    »Leukämie ist die Atombombenkrankheit.«
    Ende Februar beschlossen sie, Sadako ins Krankenhaus einzuweisen. Als ich in ihre Schule ging, um sie abzuholen, fühlte sie sich nicht gut und schaute beim Sportunterricht nur zu.

Ich sprach mit der Lehrerin, und dann gingen wir. Alle ihre Klassenkameraden sagten ihr lebwohl. Auf dem Heimweg ging ich mit ihr zu einem Geschäft, das Stoffe für Kimonos verkaufte. Ich hatte ihr noch nie einen Kimono gekauft.
    »Sadako«, sagte ich, »möchtest du, dass ich dir einen Kimono kaufe?« Sie sagte:
    »Nein, danke, bitte nicht.«
Aber ich kaufte ihr trotzdem Stoff für einen Kimono.

   Hat sie den Stoff selbst ausgesucht?

    Herr Sasaki: Ich suchte ihn aus. Er hatte ein Kirschblütenmuster. Als wir nach Hause kamen, merkten wir, dass wir Futter vergessen hatten. Es war schon spät, aber wir weckten den Inhaber des Geschäfts auf und kauften auch noch das Material fürs Futter. Ich erinnere mich an diesen Abend. Es war sehr kalt.

   Sie haben also den Kimono für Sadako selbst angefertigt?

    Frau Sasaki: Ich wollte ihn Sadako geben, bevor sie am nächsten Tag ins Hospital ging. Aber ich glaubte nicht, dass ich ihn über Nacht allein machen könnte. Deshalb gingen wir zu einer Verwandten in Mihara, die sich auf das Nähen von Kimonos verstand. Wir gingen mit der ganzen Familie hin, und die Frau und ich arbeiteten die ganze Nacht, bis der Kimono fertig war.

   Schenkten Sie ihr den Kimono als Zeichen Ihrer Hoffnung, dass es ihr wieder besser gehen werde?

    Herr Sasaki: Ich wollte sie nur glücklich machen, das ist alles. Ich hätte alles getan, um ihr eine Freude zu machen.

   Menschen, die Leukämie haben, werden manchmal kraftlos und verlieren ihren Lebenswillen, aber ich hörte, dass es bei Sadako nicht so war, als sie im Krankenhaus lag.

   Herr Sasaki: Ja, sie faltete Papierkraniche und war ganz bei der Sache. Ich sagte ihr, sie solle es nicht übertreiben, es sei nicht gut für ihre Gesundheit. Ich versuchte sogar, sie davon abzubringen, aber es gelang mir nicht. Sie sagte zu mir:
    »Es geht schon. Ich habe eine Idee. Mach dir keine Sorgen, Papa.«
    Und sie faltete weiter ihre Papierkraniche. Möchten Sie einige davon sehen?

   Ja, bitte.

   (Frau Sasaki holt vom Familienschrein einen kleinen Zellophanbeutel und legt ihn auf den Tisch. Herr Sasaki entleert den Beutel zur Hälfte auf den Tisch und fährt, fort:)

   Sie faltete sie so klein, dass sie für die Knicke eine Nadel benutzen musste. Sie sehen, wie winzig sie sind.

    Irgendwo habe ich gelesen, sie wären alle zu ihr in den Sarg gelegt worden ...

   Frau Sasaki: Nein, wir haben sie nicht mit ihr begraben. Bei der Beerdigung gaben wir jedem ihrer Klassenkameraden einen Kranich, aber die anderen behielten wir.

   Herr Sasaki: Ich habe ihr nie Faltpapier gekauft, weil ich sie nicht ermutigen wollte. Ich fand, sie solle ihre Kräfte schonen. Deshalb sehen Sie hier keine hübschen bunten Farben.
   Sie verwendete Einwickelpapier von Süssigkeiten und Medikamenten und alles, was sie sonst noch finden konnte. Sie hob es auf und glättete es zu Quadraten, aus denen sie dann die Kraniche faltete.

   Ist es richtig, dass Papierkraniche, die üblicherweise Glück bedeuten, durch Sadako eine neue Bedeutung bekamen?

    Herr Sasaki: In Japan gibt es seit jeher den Volksglauben, dass es Glück bringt, wenn man tausend Papierkraniche faltet. Dein Wunsch geht in Erfüllung, wenn du tausend von ihnen faltest. Doch Sadako war die erste, die es wirklich versucht hat. Sie glaubte, wenn sie tausend faltet, wird sie wieder gesund. Das war ihr Wunsch.

   Wieviele hat sie gefaltet?

    Masahiro:

    Sechshundertfünfundvierzig hat sie fertig bekommen. Wir haben noch andere, die sie angefangen, aber nicht beendet hat.

   Herr Sasaki: Als sie gestorben war, zogen sie das Krankenbett ab, und unter der Matratze fanden sie etwas. Es war eine Liste - Sadako hatte heimlich die Zahlen für ihre weissen und roten Blutkörperchen und das Hämoglobin notiert. Sie hatte es von ihrer Einlieferung bis zum Juli regelmässig getan.
   Diese Liste ist jetzt im Museum, und viele haben davon erfahren. Auf diese Weise haben die Menschen allmählich von der Atombombenkrankheit und Leukämie erfahren. Bis zu Sadakos Tod wusste kaum jemand von diesen Dingen.

   Und jetzt kommen jedes Jahr Menschen und legen Kraniche an ihrem Denkmal ab, vor allem am Jahrestag der Bombe . . .

   Herr Sasaki: Ja, sie wünschen sich den Weltfrieden, oder dass sie einen Atomkrieg überleben. Das ist eine Bedeutung der Kraniche. Doch für andere kann das Falten von Kranichen auch bedeuten, dass sie die Zulassung zu einer guten Universität erhoffen.

    Ich habe es immer so empfunden, dass Sadakos Wunsch kein gewöhnlicher Wunsch war, weil sie die Atombombenkrankheit hatte, und dass es mehr so etwas wie Hoffnung in einer hof fnungslosen Situation war.

   Herr Sasaki: Ja, Hoffnung in aussichtsloser Lage. Damit haben Sie recht. Sadako zeigte ihren Lebenswillen auch noch durch etwas anderes. Sie wies alle schmerzstillenden Mittel zurück, weil sie wusste, dass sie schlecht für sie waren.

   Was für schmerzlindernde Mittel wollte man ihr geben?

   Herr Sasaki: Morphium-Injektionen.

   Hat sie anfangs welche bekommen und dann gemerkt, dass sie schlecht für sie waren, oder hat sie gar nicht erst zugelassen, dass man ihr welche gibt?

    Herr Sasaki: Im angrenzenden Krankensaal lag ein elfjähriger Junge. Er weinte viel, und Sadako konnte ihn hören. Wenn der Arzt ihm ein schmerzstillendes Mittel injizierte, wurde er ruhig. Aber nach ein paar Stunden begann er wieder zu weinen, und der Arzt gab ihm eine weitere Injektion. Die Krankenschwestern sprachen darüber, und Sadako hörte sie sagen:
    »Es ist nicht gut für sein Leben.«
Sie pflegte immer zu mir zu sagen:
    »Er sollte lieber geduldig sein. Schmerzstillende Mittel sind nicht gut.«

Der Juli war ein schlimmer Monat für sie. Sie hatte Geschwüre am ganzen Körper. Der Arzt sagte:
    »Sie hat eindeutig starke Schmerzen.« Er wollte es ihr erleichtern und ihr Morphium verabreichen, denn er wusste, dass es mit ihr zu Ende ging. Aber sie lehnte die Spritze ab und sprach nie von ihren Schmerzen.

Gegen neun Uhr am 25. Oktober wurde ihr Zustand kritisch. Der Arzt kam ins Zimmer. Er knöpfte ihr Nachthemd auf und wollte ihr eine Spritze geben, aber er sah, dass er ihr nicht mehr helfen konnte. Er knöpfte das Nachthemd wieder zu und verliess das Zimmer.

   »Papa«, sagte Sadako, »der Arzt gibt mir gar nicht mehr meine Medizin. Sterbe ich?« Ich lief dem Arzt nach und bat ihn, ihr eine Spritze zu geben. Er ging mit mir zurück und verabreichte ihr die Medizin, und sie war sehr erleichtert.
    Dann fragte ich sie, was sie essen wollte. Sie sagte, sie hätte gern etwas Reis aus der Hospitalküche. Aber die Frühstückszeit war vorüber, und es war zu spät, um noch Reis aus der Küche zu bekommen. Also bat ich jemanden, Reis von ausserhalb des Hospitals zu holen.

Sadako hörte das und sagte:
    »Ich möchte keinen Reis von draussen. Ich möchte den Reis vom Hospital.« Jedenfalls, wir besorgten irgendwo Reis und gaben ihn ihr ... « (Frau Sasaki flüstert ihrem Mann etwas zu.)

   Was sagte Frau Sasaki gerade?

   Herr Sasaki: Meine Frau hat mich daran erinnert, dass wir Reis von ausserhalb des Hospitals besorgten und ihn in eine Reisschale vom Hospital umfüllten und ihr dann gaben. Sie ass davon zwei Löffel voll. Wir fragten sie:
    »Ist er nicht köstlich?« Sie sagte: »Ja, er schmeckt köstlich.«
    Dann starb sie.

   Frau Sasaki: Im Sarg trug sie ihren Kimono mit dem Kirschblütenmuster. Viele aus ihrer Klasse kamen zur Beerdigung.

   Herr Sasaki: Und kurz. danach kamen siebzehn oder achtzehn aus ihrer Klasse und hielten in meinem Friseurladen ein Treffen zu ihrem Gedenken ab. Herr Ichiro Kawamoto hatte das Treffen angeregt. Es heisst oft, die Schüler wären von selbst gekommen, aber es war in Wirklichkeit die Idee von Kawamotosan. Bei diesem Treffen beschlossen sie, einen Text zu verfassen und Sadakos Geschichte zu erzählen.
    In diesem Text riefen sie dazu auf, ein Denkmal zu bauen. Ihr Plan war, den Text zu vervielfältigen und bei einer Konferenz von Schulrektoren zu verteilen, die gerade in Hiroshima stattfand. Also gingen sie mit Sadakos Bild in den Konferenzsaal und teilten die Blätter aus.

   Masahiro: Das Treffen im Friseurladen war sehr wichtig. Dort beschlossen Sadakos Klassenkameraden, dass ihr Tod nicht umsonst sein sollte. Sie wollten die Menschen an die Tragödie der Atombombe erinnern. Deshalb schlossen sie sich zur Kokeshi-Gruppe zusammen.

   Was bedeutet kokeshi?

    Masahiro: Kokeshi ist eine hölzerne Puppe aus zwei Teilen, Kopf und Körper. Sadako mochte diese Puppen sehr und sammelte sie im Hospital. Als erstes hat die Kokeshi-Gruppe die Blätter bei der Konferenz verteilt. Acht aus der Gruppe taten das.

   Haben Sie noch eines der Blätter mit dem Text, den die Kinder schrieben?

   Masahiro: Oh ja.

   Mich würde interessieren, was sie geschrieben haben.

(Masahiro holt ein Album. Er blättert es auf und liest vor.-)

   Lasst uns einem Kind der Atombombe ein Denkmal bauen.
   Wir wussten, dass Schulrektoren aus ganz Japan heute zusammenkommen, und wir möchten Sie bitten, dass Sie uns erlauben, unser Anliegen vorzutragen. Sadako Sasaki, unsere gute Freundin, starb am 25. Oktober an der Atombombenkrankheit. Sie war von klein auf unsere Freundin, war glücklich mit uns, spielte und lernte mit uns.

   Aber diese unschuldige Sadako wurde im Januar plötzlich krank, und nach neun langen Monaten ist sie gestorben. Wir können nur trauern um Sadakos Herz, das von der Atombombe sprach und starb. Aber jetzt ist es vorüber, und so möchten wir wenigstens einem Kind der Atombombe ein Denkmal bauen und die Seelen der Kinder ehren, die auf dieselbe Weise gestorben sind.

   Bitte berichten Sie also Freunden an den Oberschulen überall in Japan von unserem Plan, und bewegen Sie sie dazu, dass sie sich uns anschliessen. Wir bitten die Rektoren, dies an die Lehrer und Schüler weiterzugeben. Wir sind eigens hierher gekommen, um Sie darum zu bitten. Die Klassenkameraden der verstorbenen Sadako Sasaki, erste Klasse der Nobori-machi-Oberschule.

   Masahiro: So verbreitete sich also die Gcschichte von Sadakos Tod. Und so kam es dann zu dem Denkmal.

 

Nach der Übersetzung aus dem Japanischen von Setsumi Del Tredici.

 

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