Dr. Karl Z. Morgan, der erste Strahlenschutzbeauftragte.
Atlanta, Georgia. 8. August 1983.

Dr. Morgan wurde vom Manhatten-Projekt als Leiter der Abteilung für Strahlenschutz am Oak Ridge National Laboratory verpflichtet. Er war zuständig für die Ermittlung der höchstzulässigen Strahlenbelastung des Personal, das die erste Atombombe baute.

"Es gibt keine unbedenkliche Strahlendosis. Die Frage ist also nicht: Was ist ein sicherer Grenzwert? Die Frage ist: Wie gross ist das Risiko?"

 

   Karl Ziegler Morgan leitete 29 Jahre lang die Abteilung für Strahlenschutz am Oak Ridge National Laboratory. Er ist Gründer und Präsident der Health Physics Society und amtierte als erster Präsident der International Radiation Protection Association. Er war 25 Jahre lang Herausgeber des Health Physics Journal, und seit mehr als vierzig Jahren ist er tätig in Komitees und Aussschüssen, die sich mit den Auswirkungen von Strahlung auf Menschen und Tiere befassen. Er hat Hunderte von Artikeln über Strahlen- schutz veröffentlicht und wird bei Gerichtsverfahren oft als Sachverständiger für Fragen der Strahlengefährdung hinzugezogen.

 

Dr. Karl Z. Morgan
Atlanta, Georgia, 8. August 1983

   Bevor ich im Strahlenschutz tätig wurde, war mein Fachgebiet kosmische Strahlung. Ich promovierte an der Duke University mit einer Arbeit über kosmi- sche Strahlung und führte Strahlenmes- sungen in Höhlen und Bergwerken durch. Im Rahmen dieser Untersuchun- gen arbeitete ich auch einen Sommer lang im Mount Evans Labor von Dr. Arthur Compton, dem Physik- Nobelpreisträger aus Chicago.
    Anfang 1943 bekam ich eines Tages einen Anruf. Man sagte mir, ich müsse nach Chicago kommen, es sei dort etwas Aufregendes im Gang, es sei streng geheim, und es habe mit meinem Fachgebiet zu tun. Nun, ich fuhr mit dem Zug nach Chicago, und als ich in Dr. Comptons Büro kam, begrüssten mich mehrere Leute und sagten: »Karl, Sie werden für Strahlenschutz zuständig sein.«

   Soll das heissen, der Begriff existierte schon? Ich habe immer gehört, Sie wären der »Vater« des Strahlenschutzes.

   Nein, das ist es ja gerade. Ich wandte mich gleich wieder zum Gehen und sagte:
   »Da liegt ein grosser Irrtum vor. Von Strahlenschutz habe ich noch nie gehört.«

   Und sie sagten:
   »Immer langsam, Karl, wir haben auch noch nicht davon gehört.«
Dann sagten sie, sie hätten mich bereits als Geheimnisträger einstufen lassen, so dass sie mir sagen konnten, worum es ging. Und zwar, dass am 2. Dezember 1942 der erste Graphit-Uran- Meiler zum erstenmal kritisch geworden war. Sie erklärten mir, sie würden alles daran setzen, eine Atomwaffe zu entwickeln.
   Weil dies für unsere Fähigkeit, den Krieg zu gewinnen, von erheblicher Bedeutung sein könnte. Manche von uns hatten zu dem Zeitpunkt den Eindruck, dass unsere Chancen für einen Sieg nicht besonders gut waren. Es waren sehr düstere Zeiten. Sie sagten mir, sie seien entschlossen, bei dieser Arbeit für grösst mögliche Sicherheit zu sorgen - und mein Job sei es, die sichere Durchführung zu gewährleisten.

Dr. Karl Z. Morgan

   Wer gehörte zu Ihrem Team?

   H. M. Parker, C. C. Gamusfelder und Jim Hart waren einige der ersten, die mit mir auf dem Gebiet des Strahlenschutz arbeiteten. Hinzu kamen Mediziner und Strahlenbiologen. Manchmal war es schwer zu sagen, was wir eigentlich waren - Strahlenbiologen, Mediziner oder Physiker. Wir arbeiteten alle sehr eng zusammen.

   Wie war das, an der Entwicklung der ersten Atombomben mitzuwirken?

   Wir arbeiteten damals sehr hart. Wi wussten, dass Hahn, Strassmann und Meitner die Kernspaltung entdeckt hatten.
   Sie waren Deutsche, und wir nahmen an, dass sie Hitler rieten, voll auf die Entwicklung einer nuklearen Bombe zu setzen. Deshalb arbeiteten wir Tag und Nacht, um Verfahren zu entwickeln, die eine sichere Durchführung der Arbeit ermöglichen würden. Nur sassen wir damals alle einem schweren Irrtum auf.
    Wir hielten es nämlich generell mit der sogenannten Schwellenhypothese, die besagt: Wenn die Dosis niedrig genug ist, erholt sich eine Körperzelle so schnell da von, dass sie keinen bleibenden Schaden davonträgt. Mit anderen Worten, wir glaubten, es gäbe einen Strahlenwert, der unbedenklich ist.

   Wie lange hielt sich diese falsche Auffassung?

   Ich würde sagen, bis zur Chalk Rivei Konferenz im November 1949 in Chall River, Kanada. Es war eine trilaterale Konferenz, mit Fachleuten aus Englarn USA und Kanada. Ich denke, zu dem Zeitpunkt war den meisten von uns bewusst, dass es einen sogenannten sichere Grenzwert nicht gibt.

   Das überrascht mich zu hören. Ich dachte immer, es hätte keine frühen Untersuchungen gegeben, die ein Gesundheitsrisiko bei Niedrigrtrahlung nachwiesen.

   Das trifft nicht zu.
In dieser frühen Phase erkannten manche in der Atomenergiekommission die Notwendigkeit von Grundlagenforschung. Also richteten sie grosse Labors in Oak Ridge ein, in Hanford, am Argonne Laboratory in Chicago, auch in Savannah River und später in Brookhaven.

In diesen Labors führten sie an allerhand Tieren, aber auch an Pflanzen, umfangreiche Untersuchungen durch, um die Wirkung aller Arten von ionisierender Strahlung zu studieren. Sie untersuchten die Wirkung von Niedrigstrahlung, von Strahlung in hoher Dosierung und das Entstehen von bösartigen Geschwulsten. Manche von uns Teilnehmern an der Chalk River Konferenz kannten die Ergebnisse jener Hunderte von frühen Tierversuchen, und wir sahen keinen Grund - ich jedenfalls sah keinen -, warum man bei Menschen nicht dieselben Auswirkungen erwarten sollte, wie sie bei Ratten und Mäusen und Hunden aufgetreten waren.

   Was haben Sie da herausgefunden? Warum ist Niedrigstrahlung gefährlich?

   Es gibt keine unbedenkliche Strahlendosis. Denn es hängt allein vom Zufall ab, ob ein Photon oder Alphateilchen oder Neutron im Organismus einem Zellkern nahekommt, die Zelle schädigt und einige Erbinformationen im Kern affiziert.
   Der Kern einer normalen Zelle enthält 46 Chromosomen, und an diesen Chromosomen sind die Gene aufgereiht. Wenn wir uns vorstellen, diese Gene wären Buchstaben in einem Buch, dann wären Millionen von Büchern notwendig, um alle Informationen zu verzeichnen, die in den Zellkernen unseres Körpers enthalten sind.

   Wenn also Strahlung durch den Organismus dringt, schädigt sie bisweilen - wenn auch ganz selten - eine Zelle in der Weise, dass diese im beschädigten Zustand überlebt. Diese geschädigten Zellen kann man mit einer Bibliothek vergleichen, in die ein Verrückter eingedrungen ist, der aus den Büchern wahllos Seiten herausgerissen hat.
    Die geschädigten Zellen verfügen für zahlreiche Notfälle nicht mehr über ausreichende Instruktionen, die ihnen sagen, was sie tun sollen. Eine der schlimmsten Folgen tritt ein, wenn eine Zelle nicht mehr weiss, wann sie aufhören muss, sich zu teilen; oder wie gross sie werden soll; oder welche chemischen Stoffe sie produzieren soll.
    Und am Ende gibt es von diesen Zellen so viele, dass man sie als bösartige Geschwulst identifizieren kann.

    Was bedeutet in diesem Zusammenhang die »lineare Hypothese« in Bezug auf Strahlenwerte und die Krebserkrankungen, die sie verursachen können?

   Die lineare Hypothese besagt, dass man die Zahl der Krebserkrankungen vorhersagen kann, die von einer gegebenen Menge absorbierter Strahlung ausgelöst werden - wobei es keine Rolle spielt, ob Strahlung in einem kurzen Zeitraum in hoher Dosierung absorbiert wird oder über einen längeren Zeitraum in kleineren Mengen.
    Als Faustregel gilt: Pro tausend Personen-Rem Strahlung ist jeweils mit einer tödlichen Krebserkrankung zu rechnen.

   Was bedeutet »tausend Personen-Rem?

   Das bezeichnet die Gesamtmenge absorbierter Strahlung, die eine Krebserkrankung auslösen kann. Man nennt es »Personen-Rem«, weil es sich auf mehrere Menschen verteilen kann. Nach der linearen Hypothese macht es keinen Unterschied, ob tausend Menschen je ein Rem abbekommen, oder fünfhundert Menschen jeweils zwei Rem - oder zehntausend Menschen jeweils ein Zehntel Rem.
    Alle Gremien, die heutzutage Grenzwerte festsetzen, gehen davon aus, dass die lineare Hypothese zutrifft; und sie sagen, dass es bei einer Verdoppelung der Personen-Rem auch zu doppelt so vielen Krebserkrankungen kommt. Und dass es, ganz abgesehen von der Latenzperiode eines Krebses, keine Rolle spielt, über welchen Zeitraum man der Strahlung ausgesetzt ist.

Von Strahlung ausgelöste Leukämie ist schon innerhalb eines Jahres beobachtet worden, obwohl die durchschnittliche Latenzperiode für Leukämie acht bis zehn Jahre beträgt. Und bei festen Tumoren wie Brust-, Hirn-, Knochenkrebs und Schilddrüsenkrebs beträgt die Latenzperiode etwa dreissig Jahre.

   Im vergangenen Jahrzehnt haben manche von uns bei Durchsicht der vorhandenen Literatur festgestellt, dass wir weitergehen müssen: Statt der linearen Hypothese ist eine »supra-lineare« anzunehmen, die den Daten besser gerecht wird.
    Ausser mir haben Dr. Stewart und Dr. Kneale in England, Mancuso in Pittsburgh sowie Sternglass und viel leicht fünfzig weitere in wissenschaftlichen Beiträgen nachgewiesen, dass die Zahl der zu erwartenden Krebserkrankungen pro Personen-Rem bei Niedrigstrahlung grösser ist als bei hohen Werten.

   Ich sage damit nicht, dass bei niedrigen Strahlenwerten mehr Krebse auftreten als bei hohen.
Sondern: Pro Dosis-Einheit ist bei den niedrigen Werten der Schaden grösser.
    Das liegt zum Teil daran, dass Zellen von hoher Strahlung oft voll kommen abgetötet werden, während sie von niedriger Strahlung eher geschädigt als getötet werden - und eben diese überlebenden geschädigten Zellen sind Grund zur Besorgnis.
   Bei hohen Dosen kommen natürlich noch andere Faktoren hinzu, und einer davon ist, dass sie das körpereigene Abwehrsystem schwer schädigen können.
    Die supralineare Hypothese besagt also, dass es wirklich einen Unterschied macht, ob 500 Menschen je zwei Rem abbekommen oder 10 000 Menschen je ein halbes Rem.

   Wird bei den 10 000 Menschen, die einer niedrigen Strahlung ausgesetzt waren, der Schaden grösser sein?

   Es sieht so aus, ja. Das wird jetzt zu einem ausgesprochenen Streitpunkt. Als wir mit diesen Diskussionen begannen, hielten uns viele für verrückt, weil sie sogar die lineare Hypothese noch für zu konservativ hielten.

 

Vorne: Handschuhkasten für das Hantieren mit Plutonium
Hinten: Modelle der Hiroshima- und Nagasaki-Bomben
Bradbury Science Museum, Los Alamos, New Mexico

 

    Wenn sich die supralineare Hypothese als richtig erweist - was würde das heissen für die kommerzielle Atomindustrie und den Atomwaffenkomplex?

   Wenn sich beweisen lässt, dass der Schaden pro Dosis-Einheit bei niedrigen Strahlenwerten grösser ist als bei hohen Werten, dann ist gar keine Frage, dass die Auswirkungen von radioaktivem Niederschlag, von Hantieren mit radioaktivem Material und sogar die Wirkung einer geringen medizinischen Strahlenbelastung viel ernster sein werden, als man bisher angenommen hat.
   Vermutlich ist das ein Grund, weshalb wir nach Veröffentlichung unserer Auffassung so unter Beschuss geraten sind.

 

   Können sie ein wenig auf Plutonium eingehen? Sie waren Sachverständiger im Fall Karen Silkwood, hahen dort über die Gefahren von Plutonium ausgesagt und dem Richter zu bedenken gegeben, Plutonium sei so hochgiftig, dass es keine Rolle spiele, wie es in Silkwoods Kühlschrank gelangt sei der Arbeitgeber habe in jedem Fall seine Fürsorgepflicht verletzt.

   Wie toxisch ist Plutonium?

   Ich war mehr als fünfundzwanzig Jahre aktives Mitglied der International Commission on Radiological Protection und des National Council on Radiation Protection, und während dieser Zeit führte ich in beiden Organisationen den Vorsitz des Internal Dose Committee. Ich machte die ersten Berechnungen bezüglich zulässiger Grenzwerte von Plutonium und sonstigen Radionukliden, als ich in Oak Ridge tätig war.

    Mein Komitee hat die Grenzwerte für alle Nuklide festgesetzt, und diese Grenzwerte werden heute im wesentlichen unverändert verwendet von der Nuclear Regulatory Commission, der Environmental Protection Agency und anderen. Als zulässige Körperbelastung durch Plutonium-239 setzten wir 0,04 Millionstel Curie fest, d. h. 0.04 Mikro-Curie. Diesen Wert sollte die Körperbelastung eines Beschäftigten nie überschreiten, denn dann wird es gefährlich.
    Schon das Erreichen des Grenzwerts bedeutet für das Knochengerüst des Betreffenden eine durch- schnittliche Dosis-Rate von 30 rem pro Jahr, und zwar für den Rest seines Lebens. Im Grunde wird es nie weniger, und es fährt fort, Sie zu verstrahlen. In Beiträgen für das Journal of Industrial Hygiene habe ich nachgewiesen, dass dieser Grenzwert in Wirklichkeit viel zu hoch angesetzt war und um einen Faktor 240 reduziert werden müsste. In der Atomindustrie hat man alles versucht, um Fehler in meiner Beweisführung nachzuweisen.
    Die typische Entgegnung von Beratern des Department of Energy ist:
    »Auch wenn Sie diese Wirkung bei einem Pavian beobachten, haben Sie damit noch keinen Beweis, dass es beim Menschen genauso wäre.«
   Ich nehme an, sie wollen mit dem Beweis warten, bis menschliche Versuchskarnickel zur Verfügung stehen.

   Bei einer Besichtigung der Deponie von ChemNuclear in Barnwell habe ich gestern Arbeiter beobachtet, die allerhand Kisten und Kästen mit radioaktiven Materialien in riesige Lehmgruben schafften. Ich hatte meinen eigenen Geigerzähler dabei, und sobald wir an den Rand der Crube kamen, ergab sich ein Wert, der dreissig- und vierzigmal höher als die natürliche Strahlung war.

    Ich fragte Jim Purvis, der mich herumführte, ob die Männer, die an den offenen Gruben arbeiten, eine Gefahrenzulage bekommen. Er sagte: Nein, sie bekommen keine Gefahrenzulage, weil es keine Gefahr gibt. Die Strahlung, der sie ausgesetzt sind, liegt weit unter dem vertretbaren Wert.

   Der Mann hat Ihnen die Antwort gegeben, die zu erwarten war - eine Gefahr ist nicht gegeben, also ist eine Gefahrenzulage nicht nötig.
   Sie gehen davon aus: Solange die höchstzulässige Dosis von 5 rem pro Jahr nicht überschritten wird, gibt es keine Gefahr. Sie beachten nicht, dass alle Gremien auf der Welt heute bei der Festsetzung von Strahlengrenzwerten davon ausgehen, dass es keine unbedenkliche Strahlendosis gibt.
Die Frage ist also nicht: Was ist ein sicherer Grenzwert?
Die Frage ist: Wie gross ist das Risiko?
   Jede Strahlenbelastung bedeutet ein gewisses Risiko. Je höher sie ist, desto grösser das Risiko, dass sie Krebs verursacht. Der Krebs kann von einer einzigen, einmaligen kleinen Dosis ausgelöst werden, doch andererseits kann es auch sein, dass eine von mehreren zurückliegenden Belastungen die eigentliche Ursache ist. Ich habe das meinen Studenten bei zahlreichen Gelegenheiten deutlich zu machen versucht, indem ich ihnen sagte: Wenn Strahlung durch Ihren Körper dringt, gibt es mehrere Möglichkeiten.

    Die wahrscheinlichste ist, dass die Strahlung an der Zelle vorbei - oder mitten hindurchgeht, ohne etwas anzurichten.

    Nummer zwei: Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Strahlung einen Zellkern, dem sie nahe- kommt, zerstört. Womit ich nicht meine, dass sie ihn pulverisiert, sondern in einer Weise schädigt, dass er sich nicht mehr teilen und fortpflanzen kann, so dass er spätestens nach ein paar Monaten absterben wird.

    Nummer drei: Es besteht ein- deutig die Möglichkeit, dass diese Zelle geschädigt wird, aber überlebt, sich wieder regeneriert und ganz normal bleibt.

    Nummer vier ist der Fall, den wir fürchten müssen. Zum Glück ist die Wahrscheinlichkeit, dass er eintritt, äusserst gering.
   Nummer vier ist: Die Strahlung kommt dem Zellkern nahe, verursacht einen Schaden, und die Zelle überlebt in diesem geschädigten oder gestörten Zustand. Sie teilt sich, sie teilt sich weiter und weiter, und wenn es auf einen festen Tumor zusteuert, wird das Gebilde in durchschnittlich dreissig Jahren so gross sein, dass man es als Tumor erkennen kann.

    Diese Schäden sind nicht sofort spürbar oder feststellbar. Bei Strahlenschäden spürt man keinen Schmerz wie bei einer Verbrennung. Doch der Schaden stellt sich in sehr ernster und dramatischer Weise heraus, wenn einige Jahre danach Krebs diagnostiziert wird. Deshalb, meine ich, sind wir aufgerufen, diese Risiken genauer zu untersuchen.

   Karl, es gibt in Amerika verschiedene Bevölkerungsgruppen, die einem Strahlenrisiko ausgesetzt sind: Die Beschäftigten in den Atomanlagen, die Arbeiter in der Abfallbeseitigung, die Fahrer der Transporte und die Veteranen, die an den frühen Atomtests teilnahmen.
   
Wird die Geschichte mit der Strahlung genauso ausgehen wie die Asbestgeschichte, wenn alle Daten ausgewertet sind? Meinen Sie, dass wir mit einer Welle von strahlenbedingten Erkrankungen rechnen müssen, und dass man schliesslich überall begreifen wird, wie gross die Gefahr wirklich ist?

   Ich wünschte, ich könnte das mit ja beantworten. Ich habe Vertrauen in die Zukunft. Vorausgesetzt natürlich, dass wir einen Atomkrieg vermeiden können. Aber es dauert sehr lange, bis Menschen eine Lektion lernen und die Information tief genug eindringt, um eine Wirkung zu haben.

   Im Jahr 1500 wusste man, dass Arbeiter in den Kobaltminen von Böhmen und Sachsen an der sogenannten Grubenkrankheit starben. Und doch ist es noch nicht lange her, dass wir in Amerika viele Bergarbeiter unter Tage bei einer Radium- und Radonbelastung arbeiten liessen, dic genau so hoch oder noch höher war als in jenen Gruben vor vierhundert Jahren. Ich denke, es stehen uns noch viele traurige Lektionen bevor, ehe wir begreifen werden, was wir eigentlich heute schon wissen müssten.

 

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